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Eine allgemeine Endzeitstimmung hatte sich zu Anfang des 20. Jahrhunderts nach einer langen, optimistisch geprägten Entwicklungsphase in Eu-ropa breitgemacht. Diese „Fin de Siècle-Stimmung“ wurde noch angeheizt durch sich wiederholende Kriegsdrohungen der europäischen Mächte, die sich waffenstarrend und eingebunden in militärische Bündnissysteme gegenüberstanden. So schien ein Krieg unvermeidlich, den viele damals als ein reinigendes Gewitter betrachteten. Aus dem Spiel mit dem Feuer entwickelte sich die bis dahin größte Katastrophe der Menschheit, an deren Ende fast alle Beteiligten zu Verlierern geworden waren. Auch Württem-berg und sein kleines Provinzstädtchen Waiblingen wurden in den Sog der Ereignisse mit hineingezogen.

In der Bildenden Kunst explodiert die Entwicklung der Klassischen Moderne geradezu. Zahlreiche Stilströmungen (Kubismus, Futurismus, Konstruktivismus, Suprematismus, Expressionismus…) bewegen sich – teils voneinander unabhängig, teils in engem Austausch – auf dasselbe Ziel zu: die gegenstandslose Kunst. Wassily Kandinsky malt seine ersten abstrakten Bilder, Kasimir Malewitsch regt mit seinem „Schwarzen Quadrat auf weißem Grund“ kunsttheoretische Diskussionen an, die bis heute andauern. Marcel Duchamp stellt mit seinen Readymades die Grundsatzfrage „Was ist Kunst?“.

Zeitgleich legt die Baukunst das Korsett historistischer Stilzitate ab. Sach-liche Tendenzen führen zur modernen Architektur, hinter deren scheinbarem Funktionalismus sich nicht selten das Streben nach einer neuen Formschönheit offenbart. Kaum ist jedoch das rationale Neue Bauen entwickelt, entsteht mit der expressionistischen Architektur eine antirationale Gegenbewegung.

Abb. Header: Felger, Friedrich, 'Sommertag bei den Kiesgärten' (1910); Bestand Archiv der Stadt Waiblingen