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von Wolfgang Wiedenhöfer

Weyßer, Klöpfer, Mayer, Idler – diese Familien waren maßgeblich am Wiederaufbau Waiblingens nach dem großen Stadtbrand von 1634 beteiligt. Sie hatten ihr Vermögen über die Wirren des Dreißigjährigen Krieges retten können und verstanden es offenbar schnell, ihren Wohlstand in den Nachkriegsjahrzehnten entsprechend zu mehren. Einem großen Teil der Bevölkerung erging es jedoch zu Beginn des 18. Jahrhunderts sehr viel schlechter.

Im Rahmen des Pfälzer Erbfolgekrieges war 1693 das französische Heer Ludwigs XIV. in Württemberg eingefallen, hatte weite Landstriche geplündert und immense Geldsummen für Versorgung und Truppeneinquartierungen aus den Kassen gepresst. Nur etwas mehr als vier Jahrzehnte Frieden waren der Waiblinger Bevölkerung nach Ende des Dreißigjährigen Krieges 1648 vergönnt, bevor sie die Kriegslast wieder mit aller Härte traf. Durch diese Kriegseinwirkung blieben die Felder unbestellt, was zu einer starken Verteuerung der Lebensmittel und dramatischen Hungersnöten mit zahlreichen Toten im Land führte .

Bereits wenige Jahre später, im spanischen Erbfolgekrieg, brachten ab 1707 erneute Franzoseneinfälle eins ums andere mal Armut und Hunger nach Württemberg. Auch der Schaden in Amt Waiblingen war immens, die Felder verwüstet, viele Flecken geplündert und immer wieder brachten die Zwangseinquartierungen der durchziehenden Truppen eine nicht zu stemmende wirtschaftliche Belastung mit sich. Im Jahr 1709 war die Hälfte der Waiblinger Bevölkerung durch den Zusammenbruch der Landwirtschaft so verarmt, dass sie, um überleben zu können, um ihr Brot betteln mussten. Erst Mitte des 18. Jahrhunderts setzte eine zaghafte wirtschaftliche Erholung ein, die allerdings zu einem starken Bevölkerungswachstum führte und so die nächste Wirtschaftskrise und Hungersnot einleitete.

Doch nicht nur Schlechtes kam über die Grenzen. Um 1700 gewährte Herzog Eberhard Ludwig einer Gruppe von 3.000 Glaubensflüchtlingen aus dem Italienischen Piemont Zuflucht. Diese Bauernfamilien, die Ihre religiöse Gemeinschaft nach dem Gründer Petrus Valdes „Waldenser“ nannten, besiedelten die brachliegenden Gebiete im Nordwesten des Herzogtums und sollten nicht nur den Ackerbau voranbringen sondern auch die leeren Steuerkasse des Landes füllen. Im Gepäck hatten sie eine bis dato in Württemberg noch unbekannte Frucht, deren Anbau ab 1710 stark vorangetrieben wurde und deren Ernteerträge in den kommenden Jahrzehnten halfen, die Versorgung der notleidenden Bevölkerung sicherzustellen und den größten Hunger zu stillen – die Kartoffel.

Abb. Header: Stadtansicht um 1700, Quelle: Archiv der Stadt Waiblingen